GIVING VOICE. Inklusion durch politische Parteien?

Projektfinanzierung: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (Förderprogramm Sparkling Science)
Projektdauer: Januar 2013 - Mai 2015
Projektleitung: Sieglinde Rosenberger
ProjektmitarbeiterInnen: Iris Stöckl und Florian Walter

Über das Projekt

Politische Parteien verlieren an Vertrauen und Zustimmung. Gleichzeitig kommt ihnen, indem sie unterschiedliche Bedürfnisse von möglichst vielen Bevölkerungsgruppen ins politische System einbringen, in pluralistischen Gesellschaften eine wichtige Inklusionsfunktion zu. Unter Bedingungen des sozialstrukturellen Wandels, der Veränderungen der Arbeitswelt, der internationalen Migration und starker Krisentendenzen der Politik steht die integrative Rolle politischer Parteien aber vor neuen Herausforderungen.

Das Projekt GIVING VOICE erforscht, gemeinsam mit SchülerInnen, anhand der von Parteien erstellten KandidatInnenlisten für Nationalratswahlen die Inklusionsfähigkeit von Parteiensystemen. Die KandidatInnen werden als VertreterInnen sozialer Gruppen im Sinne "deskriptiver Repräsentation" verstanden, die Listen als Indikatoren für Inklusion herangezogen.

Die forschungsleitende Frage lautet: Gelingt es politischen Parteien sowohl alte als auch neue soziale, "intersektionale" Gruppen in politische Prozesse zu inkludieren? Wenn ja, wie? Drei Forschungsziele werden verfolgt: a) Intersektionalität als gesellschaftliches Strukturierungsprinzip soll erkannt und damit ein empirischer Beitrag zur wissenschaftlichen Intersektionalitätsdebatte geleistet werden; b) die von Parteien erstellten KandidatInnenlisten werden entlang von Differenzachsen in Quotenlisten übersetzt und so politisch benachteiligte Gruppen sichtbar gemacht; c) Mechanismen politischer Inklusion werden aufgezeigt, als Erklärungsfaktoren werden politische Gelegenheitsstrukturen, parteispezifische Aspekte sowie individuelle Ressourcen und Motivationen herangezogen. Methodisch werden Differenzachsen diskutiert, KandidatInnenlisten analysiert und in Quotenlisten übersetzt sowie Interviews mit KandidatInnen und SelektorInnen durchgeführt.

Die nachhaltige Wirkung wird über eine Datenbank (in Kooperation mit der Universität Wien) und einen Leitfaden zur Analyse zukünftiger KandidatInnenlisten gewährleistet.


Schulkooperation

Partnerschulen:
Vienna Business School Hamerlingplatz, Wien (Mag. Ingrid Zotter)
Wirtschaftskundliches Realgymnasium, Graz (Mag. Dr. Gernot Zotter)
Gymnasium der Diözese "Wolfgarten", Eisenstadt (Mag. Adelheit Ehrenhofer)

SchülerInnen sind bei GIVING VOICE aktiv in den Forschungsprozess involviert: In Gruppenübungen wurde ein gemeinsames Verständnis zur politischen Vertretung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen im Parlament erarbeitet. Danach wurden den SchülerInnen methodische Fertigkeiten zur Analyse und Interpretation von KandidatInnenlisten vermittelt, woraufhin eine selbstständige Analyse der Landesparteilisten in Wien, Burgenland und Eisenstadt in Hinblick auf die Präsenz von Angehörigen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen durch die SchülerInnen durchgeführt wurde. Schließlich trafen die Klassen auf KandidatInnen zur Nationalratswahl 2013 aus ihren jeweiligen Bundesländern, um die Projektinhalte sowie die jeweiligen Positionen ihrer Parteien zu diskutieren.

Die beteiligten SchülerInnen haben einen wichtigen Beitrag zur konzeptuellen Fokussierung des Projektes geleistet, indem sie gemeinsam mit dem Projektteam eine erfahrungsorientierte Definition der Differenzachsen „Geschlecht“, „Alter“, „akademischer Grad“ und „Ethnizität“, als Konstitutionsfaktoren sozialer Gruppen erarbeitet haben, anhand derer schließlich die KandidatInnenlisten bearbeitet wurden. Die Einbeziehung jugendlicher Perspektiven stellte eine zusätzliche Reflexionsebene dar, welche geschärfte Aussagen über die aktuelle Sozialstruktur ermöglicht.

Schlusspräsentationen:

Am 14.10.2013 wurden schließlich die ersten Ergebnisse der Analysen der SchülerInnen, verknüpft mit den Recherchen und Analysen der Studierenden des Forschungspraktikums "Repräsentationen" (Sommersemester 2013) an der Universität Wien, einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse unter Moderation von Rosa Lyon (ORF) mit VertreterInnen österreichischer Parteien (Julia Hinterseer/SPÖ, Alfred Hoch/ÖVP, Georg Prack/Grüne, Ernst Smole/Team Stronach) diskutiert.


Datenbank zur deskriptiven Repräsentation in Österreich

Welche Gruppen sind politisch entsprechend der  Bevölkerung vertreten, welche sind unter- und überrepräsentiert? Das Projektteam GIVING VOICE hat gemeinsam mit SchülerInnen die Inklusionsbereitschaft politischer Parteien in Österreich untersucht. Das Untersuchungsmaterial bildeten KandidatInnenlisten für Nationalratswahlen (1995 bis 2013). Die Ergebnisse der Analyse der Repräsentation von KandidatInnen nach Geschlecht, Bildungsgrad und Alter sind über eine interaktive Datenbank öffentlich zugänglich. Sie bietet Lernenden und Lehrenden unterschiedlichster Schulen, Schulstufen und Bildungsinstitutionen genauso wie Studierenden und ForscherInnen einen differenzierten Einblick in die politische, genauer gesagt die deskriptive Repräsentation in Österreich nach Parteien, zeitlichen und räumlichen Kriterien, Listenpositionen und -plätzen.

Beteiligte Schulen: Gymnasium der Diözese Eisenstadt Wolfgarten, Wirtschaftskundliches Bundesrealgymnasium Graz, Vienna Business School Hamerlingplatz 

Hier geht es zur GIVING VOICE Datenbank

http://www.univie.ac.at/dbgv/

Erstellt durch: Thomas Klausner


Veranstaltungen und Präsentationen

Veranstaltungen sind ein wichtiger Bestandteil zur Verbreitung der Forschungsergebnisse von GIVING VOICE in der Öffentlichkeit sowie zu Austausch und Diskussion in Universitäten und der wissenschaftlichen Fachwelt (siehe auch Publikationen).

  • 05.09.2013: Präsentation erster Projektergebnisse auf der ECPR General Conference, Bordeaux
  • 14.10.2013: Präsentation erster Projektergebnisse in der Aula am Campus, Universität Wien
  • 05.12.2013: INEX lectures mit Didier Ruedin (Neuchatel) und Maritta Soininen (Stockholm)
  • 04.07.2014: Paper-Präsentation auf der ECPR Graduate Student Conference an der Universität Innsbruck.
  • Paper-Präsentation im Rahmen des Workshops "Minority Representation: Perspectives and Challenges", University of York.
  • Projektpräsentationen im Rahmen der Forschungswerkstätten der STEOP Einführungsvorlesungen im SoSe 2014, WiSe 2014 und SoSe 2015

Publikationen

  • Sieglinde Rosenberger & Iris Stöckl (2016): The politics of categorization – political representatives with immigrant background between “the other” and “standing for”, Politics, Groups, and Identities, DOI: 10.1080/21565503.2016.1194764.
  • Stöckl, Iris / Walter, Florian (2014): Repräsentation durch politische Parteien. Eine Analyse der KandidatInnenlisten für Nationalratswahlen in Österreich, 1995-2013, INEX Working Paper Nr.2 08/2014, 24 S. (PDF)
  • Projektteam GIVING VOICE: "Inklusion durch politische ­Parteien? KandidatInnenlisten für die Nationalratswahlen 1999 bis 2013 im Zeitvergleich", Bildstatistiken in SWS Rundschau 2/2014, 150-158. (PDF)